Die Barrandov-Studio in Prag sind das Hollywood des Ostens.
Darum entstehen immer mehr deutsche Fernseh-Produktionen in der Tschechoslowakei.
ARD und ZDF haben eine neue „heimliche Hauptstadt“. Prag, die „Goldene Stadt“ an der Moldau. Denn in der wunderschönen tschechischen Metropole und seiner Umgebund entstehen immer mehr deutsche Fernsehproduktionen.
Mensch, haste die gesehn? Los, hin!“ Diese Sätze hört man hier so oft, daß eiene die Ohren klingeln. Früher saßen Touristen aus der Bundesrepublikin den Hotelbars und restaurants des „Alcron“, „ Interconti“ oder „Panorama“, um Eindrücke des Tages zu diskutieren. Heute macht sich auf den Bierschemeln Autogrammjäger-Hektik breit. Denn die filmische Prominenz gibt sich dort die Stühle in die Hand: Susanne Uhlen, Claudine Auger, Rolf Becker, Siegfried Wischnewski, Klaus Löwitsch, Pierre Franc kund Elmar Wepper, um nur einige zu nennen.
Was fasziniert nun deutsche Regisseure und Produtionschefs so stark, daß sie reihenweise, trotz mancher Schwierigkeiten, in die ČSSR ziehen? Zu allererst wohl der fast unerschöpfliche Vorrat an geschichsträchtigen Motiven. Hier ist die Kulissenwelt noch in Ordnung. Alte Häusser, Dörfer, Gassen, Burgen und Schlösser sind, wie selten in eiene Land, reichlich vorhanden Von Karlsbad. Telč bis Prag gibt’s historische Gemäuer satt. Man muß nicht erst für Millionen von Fernsehn-Geldern Mammut-Kulissen nachbauen. Womit wir beim zweiten wichtigen Kriterium wären: dem Geld. Denn in der Tschechoslowakei ist vieles billiger al sim bundesrepublikanischen Western. Von der Komparserie bis zu den Kostümen. Und beides braucht man massenwiese bei Produktionen wie „ Die Fugger von Augsburg“, Wallenstein“, „Ein Stück Himmel“, „Die Pawlaks“, „Vor dem Sturm“ un „Johannes“, dessen sechster Teil in diesen Woche gesendet wird.
Vier bis fünf Serien und Fernsehspiele stell das „Hollywood des Ostens“ jahrlich für die deutschen Zuschauer her. Beteiligt sin dan den Produktionen bundesrepublikanischer Filmfirmen immer die Prager Barrandov-Studios mit ihren riesigen Ateliers, einem Fundus von rund 220 000 Kostümen und 2300 ständigen Mitarbeitern.
Ansprechpartner der Deutschen ist ein Mann mit 31jähriger Filmerfahrund, der wegen seines großartigen Organisationstalents hoch geschätzt wird: Produktionsmanager Jan Kadlec. Er ist kein Servicemann, der nur ausführt, was man bei ihm „bestellt“. Er denkt und lenkt. Er liefert die komplette Vorbereitung macht Motivvorschläge in Form eines Fotobuches, sorgt da für. Daß auch bei schwierigsten Passagen die Klappe fallen kann, terminiert mit ungeheurer Akribie. Und er agiert psychologisch geschickt, wenn bei langwierigen Dreharbeiten Spannungen entstehen. Daß er auch für den ökonomischen Part der Tschechen verantwortlich ist, versteht sich von selbst.
„Bis 1985 bin ich ausgebucht“, er zählt Jan Kadlec, der Mann, ohne den in der ČSSR für Bundesdeutsche nichts geht, der FERNSEHWOCHE. Wenn Sie also demnächst einen schönen historischen Film im Fernsehen bewundern können, denken Sie daran, er kommt bestimmt aus Prag, dem Hollywood des Ostens…